Collection Horizonte
Japan
Fotos von Ken Straiton
Text von Peter Popham
Kommt Ihnen das Foto auf dem Cover auch bekannt vor? Genau dieser Kinkaku-ji –Tempel von Kyoto (wenn auch größer)zierte bereits den Bildband „Reise durch Japan“ (siehe Blogeintrag).
Was erwartet man sich von einem Bildband über Japan? Städte im Neonlicht, Tempel hinter einem Vorhang aus roten Ahornblättern, Frauen in Kimono, Reisfelder, Steingeräten und Paläste.
All das findet man in diesem Buch. Aber auch anders. Und mehr.
Autoscheinwerfer und Bremslichter ziehen auch hier ihre roten und goldenen Striche zwischen den beleuchteten Wolkenkratzern hindurch, aber gleich auf der übernächsten Seite ist die Neonpracht nicht mehr als ein paar verschwommene Reflexe auf einer regennassen Straße. Die Frauen in Kimono sind keine Geisha sondern kleine Mädchen, herausgeputzt für das Shichi-go-san Fest oder zwei alte Damen in schwarz-goldener Pracht auf einem Sonntagsspaziergang vor dem Meiji-Schrein.
Der Kaiserpalast ist kaum zu erkennen, verborgen hinter einem Schneetreiben, im Vordergrund eine Weide, die noch alle Blätter trägt , dazischen die Doppelbrücke, menschenleer.
Der Reis ist schon geschnitten, Kinder sitzen auf den braunen Strohbündeln und auf dem Foto daneben ragt eine winzige Felsinsel aus dem weißen Schaum der Meeresgischt, auf ihr halten ein paar Kiefern stolz die Nadeln in den salzigen Wind.
Auf der Zottelbrücke wird ein als roter Dämon verkleideter Mann von einem Kind beim Setsuban Fest mit Bohnen vertrieben (das heißt, das sollte er laut dem Text, auf dem Foto gibt er dem kleinen Jungen die Hand). Kräftige junge Männer zeigen stolz ihre Muskeln ihrer nackten, tätowierten Oberkörper. Sie tragen den schweren o-mikoshi des Asakusaschreines beim jährlichen Sanja Matsuri.
Fotos in unterschiedlichen Größen, von Doppelseite bis klein (5,6 x 3,8cm) bieten sowohl alltägliche wie auch schon häufig gesehene und dann doch wieder überraschende Einsichten in das Leben, die Natur und die Kultur Japans. Ob genormte (und laut Text geschmacklose) Tomaten, eine Frau mit einem traditionellen Schirm aus gewachstem Papier, ein Foto von zig bunten Papierkranichen beim Denkmal für Hiroshima oder kleine Jizo-Statuen mit gehäkelten Mützchen vor denen sich Windräder als Opfergabe für totgeborene oder abgetriebene Kinder drehen – das Buch bietet sehr viel Abwechslung und Stoff zum Nachdenken und Nachschlagen. Eindeutig einer der interessantesten Bildbände, die ich in bisher gesehen habe.
Collection Horizonte
Japan
Fotos von Ken Straiton
Text von Peter Popham
ars edition 1990
78 Seiten
ISBN: 3760738087
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